Vor einiger Zeit war ich bei einer Netzwerkveranstaltung der Wirtschaftskammer bei der sich alle Unternehmerinnen und Unternehmer einzeln vorstellen konnten. Ich habe natürlich auch webgras vorgestellt, dabei habe ich fast einen aktuellen Bereich vergessen – gerade noch rechtzeitig - kurz vor dem Hinsetzen, fiel mir ein: „… achja, und barrierefreie Webseiten setzen wir natürlich auch um!“.

Ich hatte nicht damit gerechnet, dass dieser letzte Satz eine derart große Resonanz hatte und viele Fragen aufwarf. Wie können Blinde Webseiten lesen? Wie kann man eine Webseite nur mit der Tastatur bedienen? Wieso muss ich bei Bildern aufpassen?

Wir haben schließlich noch weitere 10 Minuten über barrierefreie Webseiten gesprochen und das ist der Grund für diesen Beitrag.

Im folgenden Video (mit Untertiteln!) erkläre ich, was barrierefreie Webseiten sind:

Was heißt also barrierefreie Webseiten?

Bei Lokalen und Geschäften gibt es Auffahrtsrampen und Fahrstühle, auf öffentlichen Wegen Bodenindikatoren mit Rillen und Rippen, im Fernsehen Gebärdendolmetscher und allgemein natürlich barrierefreie WC-Anlagen.

Auf Webseiten ist Barrierefreiheit bei vielen Elementen umzusetzen:

Farbkontraste

Der Farbunterschied zwischen Schriftfarbe und Hintergrundfarbe muss ausreichend groß sein, damit der Text gut lesbar ist. Bei normaler Schrift muss der Kontrast mindestens 3:1,  bei großem Text mindestens 4,5:1 (Kontrastrechner).

Schriftgrößen

Schriftgröße hängt auch mit dem Farbkontrast zusammen – je kleiner die Schrift, desto größer muss der Kontrast sein.

Kontrast bei Barrierefreie Webseiten


Struktur und Verständlichkeit des Texts

Überschriften, Aufzählungen und Hervorhebungen machen einen Text leichter lesbar und besser verständlich und somit auch besser zugänglich

Barrierefreie Webseiten Textstruktur


Bilder mit Alternativ-Text, Videos mit Untertitel

Werden Bilder auf einer Webseite nicht geladen, wird stattdessen der Alternativtext angezeigt. Sehbeeinträchtigte Menschen können sich Webseite vorlesen lassen – bei Bildern wird der Alternativtext vorgelesen. Z.B. macht also „IMG20191013“ wenig Sinn, „Menschengruppe auf der Straße“ aber sehr wohl.

 


Ladezeit

In ländlichen Regionen ist das Internet an manchen Orten wegen schlechter Infrastruktur immer noch sehr langsam, aber auch bei Veranstaltungen mit vielen tausend Menschen kann durch Netzüberlastung die Ladezeit von Webseiten stark beeinträchtigt sein. In beiden Fällen ist die Ladezeit der Webseite auch für Zugänglichkeit der Inhalte von Bedeutung – auch das ist Barrierefreiheit.

 Barrierefreie Webseiten ladezeit


Bedienbarkeit mit der Tastatur

Kann man einen Computer nicht mit der Maus, sondern nur mit der Tastatur bedienen, so muss eine Webseite das Navigieren über das Keyboard unterstützen. Ein einfacher Test: drücken Sie die „TAB“-Taste auf Ihrer Tastatur und versuchen Sie zu einem bestimmten Link zu gelangen. Bei nicht optimierten Webseiten muss man z.B. durch Menüs mit 50 Menüpunkten einzeln 50 mal durch“tabben“. Bei optimierten Webseiten gibt es den Link „Skip to Content“/“Direkt zum Inhalt“.

Zum Testen der mobilen Website auf Barrierefreiheit kann man den Browser-Zoom auf über 300% stellen, die Webseite sollte dann in die mobile Ansicht springen und mit der Tastatur bedienbar sein.

Barrierefreie Webseiten Bedienung mit der Tastatur


Weitere Punkte für Barrierefreiheit

  • Sind Web-Formulare mit entsprechenden Feldbezeichnungen (Labels) eingerichtet?
  • Haben Tabellen auch Überschriften und sind diese auch auf allen Geräten sichtbar?
  • Gibt es eine Suche oder Sitemap?
  • Ist eine Tastaturbelegung vorhanden, auch für Skiplinks?
  • ...

Barrierefreie Wwebseiten Formular


Auch die Wirtschaftskammer Österreich hat auf ihrer Webseite einen kurzen Überblick über barrierefreie Webseiten für Unternehmen.

Was heißt das für meine Webseite?

Die vollständige Anpassung der Webseite an die Richtlinie WCAG 2.0 oder 2.1 ist für privatwirtschaftliche Unternehmen nicht gesetzlich vorgeschrieben und in den meisten Fällen auch gar nicht möglich. Aber es sollte das Ziel sein, dennoch einen hohen Grad an Zugänglichkeit zu erreichen, einfach auch um bestimmte Benutzergruppen nicht als Zielgruppe des eigenen Unternehmens vom Online-Angebot auszuschließen.

Dennoch sollten alle Inhalte auf Webseiten

  • wahrnehmbar,
  • bedienbar,
  • verständlich und
  • robust gestaltet sein.

Ein weiterer Vorteil ist, dass barrierefreie Webseite im Normalfall auch für mobile Geräte optimiert sind und auch im Sinne der Suchmaschinenoptimierung umgesetzt sind.

Wer ist meine Zielgruppe?

Wenn die Arme immer länger werden, … Wenn Ihr Unternehmen als Zielgruppe z.B. Menschen ab 50 Jahren hat, dann sollte Ihr Internetangebot auf jeden Fall gut lesbare Texte mit ausreichend Farbkontrasten haben, da der Anteil an Kurzsichtigen ist 25% (Quelle: Wikipedia) ist. Aber auch Menschen, die nur temporär beeinträchtigt sind, z.B. durch eine Gipshand, werden eine barrierefreie Webseite, die mit der Tastatur zu bedienen ist, schätzen.

WACA - Web Accessibility Certificate

In Österreich gibt es seit 2017 das Web Accessibility Certificate Austria (WACA). Webseiten können die bestimmte Standards umsetzen, können sich hier zertifizieren lassen. Laut Auskunft auf dem eDay 2020 beim Vortrag zu barrierefreien Websites sind für die WACA-Zertifizierung mit Kosten von 5-10% der Website-Entwicklungskosten zu rechnen (z.B. Website-Umsetzung kostet 5.000,- Euro -> WACA-Zertifizierung kostet ca. 250-500 Euro.)

Wenn Sie Fragen haben oder Unterstützung bei der Konzeptionierung Ihrer Webseite benötigen, können Sie sich gerne an uns wenden.